Session IV - Applications and Market
Neue Anwendungen von Al in Mobilität, Packaging, Architektur und Elektronik
Aluminium steht für Innovationen in nahezu allen Gebieten der Technik aller Branchen und ist im Alltag nicht mehr wegzudenken. Beim Bau von Häusern und Brücken wird das gegenüber Witterungseinflüssen beständige NE-Metall ebenso geschätzt wie als Leichtbauwerkstoff in der Automobilindustrie. Von der wiederverwertbaren Aluminium-Getränkedose bis hin zu komplexen und hochfesten Komponenten wie Automobil-Strukturgussteilen und Batteriegehäusen für E-Autos. In seiner Eröffnungsrede „New applications of Al in mobility, packaging, architecture and electronics“ konnte Marius Baader vom Branchenverband GDA anhand zahlreicher Beispiele den hohen Innovationsgrad heutiger Aluminiumanwendungen aufzeigen.
Ein aktuelles Beispiel für die Leistungsfähigkeit heutiger Aluminiumtechnologien bieten innovative Batteriegehäuse batterieelektrischer Fahrzeuge, BEV. Hier bietet Aluminium nicht nur eine Gewichtsersparnis von 35-40 % gegenüber Stahl. Batteriegehäuse hergestellt aus Mehrkammer-Strangpressprofilen, Blechen oder Gussteilen verbinden dank innovativer Umform- und Fügetechnologien maximalen Schutz und Dichtigkeit bei hoher Steifigkeit mit weiteren Stärken.
Blechkonzept überzeugen durch Kosteneffizienz auch bei hohen Stückzahlen. Gusskonzepte lassen sich nicht nur in hohen Stückzahlen, sondern auch mit Funktionsintegration fertigen, wodurch sie aufwändig zusammengesetzte Baugruppen durch ein einziges Gussteil ersetzen können. Profilkonzepte wiederum sind in der Größe leicht skalierbar. So bietet Aluminium in Form von gewalzten Blechen, stranggepressten Profilen und Guss für jeden Anwendungsfall die maßgeschneiderte innovative Lösung. Von Blechen für Außenhautteile mit bestem Oberflächenbild über Mehrkammerprofile mit Streckgrenzen zwischen 200-280 MPa für Energieabsorption von Crash-Management-Systemen bis zu Strukturbauteilen aus 6xxx-Legierungen mit Festigkeiten größer 400 MPa.
Leichtbaulösungen für Batterieträger und Strukturbauteile
Ob Antriebsstrang, Fahrwerk, Karosserie oder Elektromobilität: Gegossene und montierte Leichtbaulösungen und komplexe Strukturgussbauteile sind ein Kerngeschäft des mexikanischen Aluminiumverarbeiters Nemak, wie Christoph Viechtbauer von Nemak Europe in seinem Vortrag „Lightweight Solutions for Battery Trays and Structural Components“ hervorhob. Der Automobilzulieferer verfügt über vollständige Design- und Entwicklungsmöglichkeiten und bedient sich eines flexiblen Fertigungsansatzes, um beispielsweise im Karosserie-Rohbau durch Strukturgussteile mit Funktionsintegration Leichtbaupotenziale zu heben.
Ein wesentlicher Faktor für erfolgreichen Leichtbau mit Strukturguss ist das verwendete Material. Materialdesign steht bei Nemak im Bereich FuE oben auf der Agenda, Beispiel einer hochfesten Legierung ist die Nemak-Al-Legierung HE 700. Zunehmend an Bedeutung gewinnt auch das Thema Nachhaltigkeit und damit die Verwendung von Recyclingmaterial. Ziel von Nemak ist eine Reduzierung der CO2-Emissionen bei der Aluminiumproduktion um mehr als 80%. Doch wie Viechtbauer ausführte, sind die verfügbaren Sekundärlegierungen derzeit nicht geeignet, um den Bedarf an Strukturguss zu decken. Allerdings ist Nemak bereits dabei, eine hpdc-Legierung mit bis zu 90% Sekundäraluminium zu validieren.
Seine Lösungskompetenz auch für neue Aufgabenstellungen belegt der Autozulieferer beispielsweise beim Batteriedesign für E-Mobilität. Das Batteriegehäuse muss nicht nur möglichst leicht und dabei crashsicher sein, sondern auch die Anforderungen an das bestmögliche Thermomanagement erfüllen. Dabei gilt es mehrere Randbedingungen zu beachten, für die es auch unterschiedliche Lösungen gibt. Die Batteriezellen sollten optimal in einem konstanten Temperaturbereich um die 25 C gehalten werden. Während der Nutzung und des Ladens entsteht thermische Energie, die kompensiert werden muss. Das lässt sich bei Flüssigtemperierung durch eingegossene Kühlkanäle erreichen, oder auch durch eine zweite Schicht mit Kühlkanälen. In Zukunft könnte die Batterietemperierung durch direkte Flüssigkühlung mir einem dielektrischen Mineralöl und Phasenwechselmaterialien erfolgen. Auch beim Thema Brandschutz gibt es unterschiedliche Lösungsansätze. Ein Aluminium-Batteriegehäuse kann mit einem Stahlblechdeckel versehen werden oder mit einer Aluminiumabdeckung mit Brandschutzbeschichtung.
Eine wesentliche Rolle beim Verbinden unterschiedlicher Werkstoffe wie Aluminiumprofilen mit Aluminiumgussteilen zu einem dichten Batteriegehäuse spielt die Wahl der Fügetechnik. Wie Nemak-Experte Viechtbauer darlegte, spielt als Fügeverfahren vor allem Rührreibschweißen seine Stärken aus. Selbst Stahl und Aluminium lassen sich mit dieser innovativen Fügetechnik sicher verbinden. Rührreibschweißen ist eine Festkörperschweißen. Eine Verschmelzung der Werkstoffe untereinander findet nicht statt, weshalb auch keine eine poröse Schweißnaht entsteht. Das Verfahren kommt zudem ohne Zusatzstoffe wie Inertgas oder Pulver aus. Die Schweißtiefe ist beim Rührreibschweißen nicht begrenzt, weder eine Vorbereitung noch eine Nacharbeit ist erforderlich.
Mit Werkstoffen und Technologien in Aluminium ist Nemak für zukünftige Mobilitätstrends bestens vorbereitet und das Potenzial für Aluminiumlösungen ist groß, wie Viechtbauer abschließend festhielt. Gerade die E-Mobilität öffnet Gießereien und Aluminiumverarbeitern neue Chancen wie am Beispiel des Batteriegehäuses dargestellt. Vom kostengünstigen einteiligem Druckguss-Gehäuse in der Großserie bis hin zu komplexen Baugruppen mit hochfestem Strukturguss lässt sich mit Aluminium jeder Designwunsch erfüllen.
Aluminium statt Kupfer in E-Motoren
Gibt es ein Potenzial für Aluminium als Wickeldraht für E-Motoren? Eine durch die AMAP geförderte und an der RWTH Aachen durchgeführte Studie der Fakultäten Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) und dem Institut für Elektrische Maschinen und Lehrstuhl für Elektromagnetische Energiewandlung (IEM) ist der Frage nachgegangen. Maik Broda von Ford R&A stellte die Ergebnisse der Studie im Vortrag „Aluminum instead of Copper in e motors“ in Aachen vor.
E-Mobiität nimmt Fahrt auf. Unter Berücksichtigung neuester Szenarien wird der Absatz von BEVs, FEVs und Hybridfahrzeugen in Europa bis 2030 auf 13,36 Millionen Fahrzeuge pro Jahr steigen. Geht man davon aus, dass ein Fahrzeug im Durchschnitt 1,5 E-Maschinen haben wird, dann entsteht ein Bedarf von bis zu 20 Mio. E-Motoren pro Jahr. Für Broda steht fest, dass die Kosten ein wesentlicher Treiber für eine langfristige Fertigungsperspektive für E-Motoren in der EU sein werden. Bedenkt man, dass Kupfer gegenüber Aluminium mit zu 4-mal höhere Materialkosten zu Buche schlägt, dann liegt es nahe, bei Elektromotoren über Statorwicklungen aus Aluminiumdraht nachzudenken.
Die Verwendung von Aluminium als Leitermaterial ist derzeit noch weit vom Automobilstandard entfernt. Beträgt die Leitfähigkeit von Kupfer in der Statorwicklung 58 Megasiemens pro Meter (MS/m), so liegt sie bei Aluminium bei lediglich 38 MS/m.
Der Wirkungsgrad der Maschine mit Aluminiumwicklung ist geringer als bei der Maschine mit Kupferwicklung. Die Untersuchungen am PEM und dem IEM ergaben höhere Verluste in der Maschine mit Aluminiumwicklung als in der Maschine mit Kupferwicklung, die maximale absolute Gesamtverlustdifferenz lag bei rund 1,1 kW. Prozentual nimmt die Verlustdifferenz mit steigender Drehzahl/Frequenz ab. Der Wirkungsgrad im Basisdrehzahlbereich liegt um 0,5% bis 4% niedriger für die Aluminiumwicklung. Dies spiegelt sich in einer leichten Verringerung der Reichweite des Fahrzeuges wider. Dem kann mit Hilfe eines angepassten Designs entgegengewirkt werden.
Fazit
Welche Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich für die Aluminiumindustrie durch die Substitution von Kupfer durch Aluminium bei der Herstellung von Elektromotoren? Die Verwendung von Aluminium als Werkstoff für Druckgussrotoren ist allerdings industrielle Praxis. Die in Aachen durchgeführten Simulationsergebnisse zeigen, dass Aluminium auch ein hohes Potenzial für den Einsatz als elektrischer Leiter im Stator hat. Der Wechselstromwiderstand der Aluminiumwicklung ist jedoch mindestens 20 % höher als der der Kupferwicklung. Das führt zu höheren ohmschen Wechselstromverlusten und einem geringeren Wirkungsgrad der Aluminiumwicklung mit Einbußen zwischen 2 - 5 % gegenüber Kupfer. Demgegenüber stehen bei der Herstellung von Elektromotoren mit Aluminium als Leitermaterial deutliche Kostenvorteile von 80-85%.
Weiterer Forschungsbedarf - und dies nicht nur für Aluminium - besteht insbesondere bei der Prozesskontrolle des Schweiß- und Biegeprozesses von Hairpins, um die Prozessstabilität zu gewährleisten. Vom Aluminium verspricht man sich eine Vereinfachung des Biegeprozesses aufgrund des geringeren Aufsprung-Verhaltens nach der Umformung, eine schnellere und robuste Abisolierung und sowie des Fügeprozesses durch die bessere Einkopplung des Lasers gegenüber Kupfer.
Derzeitige Bestrebungen, Aluminium als Leitermaterial im Stator einzusetzen, finden hauptsächlich im Generator- und Maschinenbau statt. In der Automobilindustrie setzen derzeit nur wenige Unternehmen Aluminium als Leitermaterial ein.
HDF - ein neues Kapitel der Blechumformung
Eine neue Entwicklung in der Aluminium-Warmumformtechnik stellte Peter Amborn von HoDforming in seinem Vortrag „The new HDF technology New chapter of sheet metal forming has been opened“ vor. HoDforming fokussiert sich speziell auf die Hochtemperaturumformung von Metallen wie z.B. hochfestem Aluminium (6070, 7050, 7075 u.a.m), Magnesium oder Stahl (22MnB5 u.a.m.). Die Umformung erfolgt in einem Schritt für Kleinserien oder alternativ in einer Pressenlinie für die effiziente Massenproduktion in mehreren aufeinanderfolgenden Werkzeugen. Die großserientaugliche HDF-Technologie verwendet laut Amborn jederzeit die allgemein optimalen Umformparameter wie die am besten geeignete Warmumformtemperatur, wie z.B. die Lösungsglühtemperatur für hochfeste Aluminium-Legierungen, oder die Austenitisierungstemperatur für Stahl.
Im Aluminiumbereich etwa lassen sich mit HDF Rohre und Bleche aus hochfesten Aluminiumlegierungen in Form bringen. Die Umformung des Blechs im Bereich der gleichmäßigen Dehnung ermöglicht das Fließen des Materials mit hohem Umformgrad sowie das Formen kleiner Radien oder scharfer Kanten. Amborn diskutierte in seiner Präsentation Warmumformverfahren und das damit verbundene Materialverhalten bei der Hochtemperaturumformung, einschließlich Lösungsglühen und Aushärten von hochfesten Legierungen. Einige dieser Prozesse können sehr effizient innerhalb einer kurzen Zeitspanne von etwa 20 Sekunden für Rohre und 5 bis 10 Sekunden für Blechtiefziehen ablaufen, was für die Massenproduktion geeignet ist, wie Amborn hervorhebt. Erreicht werden diese Anforderungen durch den Einsatz von Temperaturen von mehr als 450 °C für das Aluminiumblechmaterial sowie eine dauerhaft hohe Temperatur des Umformwerkzeugs. Das erreichte hohe Umformverhältnis bedeutet eine Ausdünnung des Bleches ohne zusätzlichen Materialfluss im Werkzeug ohne Bruch. Bei höheren Umformgraden wird zusätzlicher Materialfluss auch bei der Blechformung aktiv in der Matrize eingesetzt. Ein weiterer wichtiger Aspekt für eine erfolgreiche Umformung ist laut Amborn die Minimierung der Reibung in der Matrize. Der niedrigste Reibungszustand kann durch eine „reibungsfreie“ Gasumformung erreicht werden, wodurch hohe lokale Verformungsgrade und ein gutes Oberflächenbild erzielt werden können.
Die HDF (Hot-Die-Forming)-Technologie ist für Firmengründer Amborn die perfekte Lösung, wenn das Produkt nicht im vorgegebenen Material formbar ist, hohe Umformgrade und scharfe Kanten benötigt werden, das Produkt variable Wandstärkenverteilungen oder eine auffällige Oberfläche haben soll sowie immer dann, wenn der Umformprozess einen Glühschritt impliziert und die Produktionskosten reduziert werden müssen.
Fazit
Die Metallverarbeiter erhalten hiermit eine zukunftsbestimmende Technologie zur Verfügung. Die Stärken der HDF-Technologie liegen in der Fähigkeit, jedes Metallprodukt umzuformen - auch solche, die im kalten Zustand nicht umformbar sind. Hohlkörper oder „Blech“-Produkte lassen sich aus jedem Rohteilzustand formen. Zusammengefasst lässt sich über den Prozess festhalten:
- Geringe Umformkräfte, 10-mal geringer im Vergleich zur Kaltumformung -
- CO2-arm - da keine Vorglühung und geringere Umformkräfte erforderlich sind
- wirtschaftlich & prozesssicher - kostengünstige Werkzeuge, kurze Zykluszeit, kein Ausschuss
- Klein- wie Großserienfertigung kostengünstige Produktion
- Dünne und dicke Bleche - komplexe Geometrien, kleine Radien oder scharfe Kanten
- Faltenfreies Umformen - durch die Möglichkeit der Gasdruckkalibrierung
- Reduktion von Umformteilen (z.B. Nachbarteile - Verbindungen) - Integration
- Möglichkeit, auch „Tailored Blanks“ in situ zu erzeugen (Ersatz von RTB & WTB)
- Komplexe Bauteile - mit spezieller Wandstärkenverteilung und engen Toleranzen
Nachhaltiges Bauen mit Metall
Gebäudehüllen aus Metall unter Verwendung von Trapez-, Well- oder Falzprofilen, Sandwichelemente, leichte Brücken oder temporäre Gebäude – die Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten von Aluminium im Bauwesen und der Architektur sind vielfältig. Vor allem das nachhaltige Bauen mit Metall gewinnt aktuell stark an Bedeutung, wie Prof Markus Kuhnhenne vom Institut für Stahlbau der RWTH Aachen University in seinem Referat „Sustainable Metal Construction“ herausstellte.
Nachhaltiger Metallleichtbau mit Aluminium kann zahlreiche Stärken aufweisen: Angefangen bei der Sanierung bzw. Ertüchtigung von Bestandsbauten können Metallverkleidungen selbst tristen Einheitsfassaden frischen Glanz verleihen. Durch die Möglichkeit zur Integration von Funktionen und erneuerbaren Energiequellen entstehen neue ressourceneffiziente Produkte und Lösungen für nachhaltige Gebäude. Beispielsweise Photovoltaikelemente (PV) lassen sich hervorragend in Dach-, Fassaden- oder Außenwandkonstruktionen integrieren, z.B. bei der Applizierung von organischer Photovoltaik (OPV) auf Aluminiumprofile. Prädestiniert ist das saubere und wartungsfreundliche Leichtmetall auch für Verkleidungen zum Sonnen- und Blendschutz. Und als wiederverwertbarer Werkstoff ist Aluminium ohnehin integraler Bestandteil einer Circular Economy.
Als weitere Ziele und Handlungsfelder für nachhaltiges Bauen mit Metall gibt Markus Kuhnhenne vor:
- Kohlenstoffarme Materialien und ein Fahrplan zu Null-Emissionen
- Hybrid-Lösungen und ressourceneffizientes Design
- Integration von Funktionen und erneuerbaren Energiequellen
- Kompensationsmaßnahmen und branchenübergreifende Aktionen
Allerdings gibt Prof. Kuhnhenne auch zu bedenken, dass die Nachhaltigkeitsbewertung für Gebäude viele Kriterien und Aspekte umfasst und die Fokussierung auf Einzelthemen nicht zum Ziel führt. Aluminium als Baustoff findet sowohl bei Architekten als auch bei Bauherren großen Anklang und wird gerne auch bei der Planung und Ausführung von nachhaltigen Gebäuden verwendet